Grundsätzlich betrachte ich langfristig stabile Ökosysteme, wie wir sie von Natur aus in einem Biom finden, als Modelle für nachhaltige Landnutzungssysteme. Im temperierten Klima sind dies die halboffenen Wald-Weide-Landschaften, die bei reichhaltigem Vorkommen an Gehölzen vor allem auch Lebensraum für eine Vielzahl an (Säuge-)Tieren boten. In diesen entstanden die tiefgründigsten und humosesten Böden und es gab eine große Menge an für den Menschen nutzbaren Ressourcen. Angelehnt an diese gestalte ich Produktionssysteme, die die erfolgreichen Strukturen und Prinzipien der Natur mit Sortenwahl und effizienten Technologien verbinden. Ich analysiere also auf Basis verschiedenster Forschungsergebnisse vorhandene Systeme und gehe dann weiter zu einer Synthese aus dem Wissen unterschiedlichster Disziplinen, den Gegebenheiten vor Ort, den Ansprüchen der Menschen und dem übergeordneten Leitsatz der Nachhaltigkeit als „Nutzung mit Bewahrung oder Verbesserung des Potentials für die kommenden Generationen.“
Im Gestaltungsprozess stehen für mich deshalb immer einige grundlegende Ziele fest. Unter anderem sind dies:
- Langfristig stabile Umgebungen schaffen: Echte Nachhaltigkeit zu erreichen heißt, über Generationen hinweg das Standortpotential zu halten oder zu mehren
- Langfristig profitable Unternehmungen durch Regeneration und Verbesserung der Produktionsgrundlagen
- Verbesserung der Lebensraumfunktion für eine Vielzahl an Tier- und Pflanzenarten zur Schaffung stabiler Systeme
- Der nicht fassbaren Komplexität Rechnung tragen: Räume für ungestörte Entwicklungen lassen, Eingriffe stets sehr behutsam planen und ausführen
- Erhöhung der Bereitstellung nutzbarer Ressourcen im ländlichen Raum
- Regenerierung von Gewässern und Auen
- Verhinderung von Abfällen und Verschwendung im menschlichen und natürlichen System
- Ganzheitliche Betrachtungen und Ethik als Grundlage für Entscheidungen etablieren
- Kleinräumige Strukturen, Familien und Gemeinschaften sowie deren Vernetzung stärken
- Bildung und Weiterentwicklung in allen Systemen integrieren
- Kollektive Intelligenz und Generationengedächtnis entwickeln, für stetiges Wachstum ohne Ressourcenübernutzung
- Förderung einer lebendigen und authentischen Beziehungskultur
- Dezentratalisierung als Grundlage für lokale, auf ökosystem-interne Kreisläufe gestützte Ressourcennutzung fördern
Auf dieser Grundlage werden die konkreten Ziele für ein Landnutzungssystem mit allen Beteiligten erarbeitet. Dann wird der Standort, eingebunden in Ökosystem und Biosphäre, sowie das menschliche System analysiert, um die Potentiale zu ermitteln.
Im Großen und Ganzen werden folgende Aspekte betrachtet:
- Klima: Niederschlag, Temperaturen, Diese sind von der Lage abhängig und kaum veränderbar, aber ich kann mit günstiger Gestaltung darauf reagieren. Am stärksten bestimmt werden unsere Möglichkeiten jedoch vom ‚Menschlichen Klima‘, den in unseren Köpfen herumgetragenen Haltungen und Einstellungen, sowie den Gesetzen und Normen, die wir uns auferlegen. Diese sind wahnsinnig schwer zu ändern, aber wenn man Leute von einer Idee begeistern kann, finden sich auch gemeinsame Wege zur Umsetzung! Dann ergeben sich ganz neue Kooperationsmöglichkeiten bis hin zu einer echten Ko-Kreation verschiedendster Akteur*innen, und es tun sich auch Wege auf, wie man Regeln und Gesetze nutzen kann, um etwas zu bewegen.
Daher ist es besonders wichtig, den rechtlichen Rahmen zu kennen und alle Beteiligten auf Augenhöhe einzubeziehen. Hierfür arbeite ich mit Werkzeugen wie Soziokratischer Moderation und Gewaltfreier Kommunikation. Bei Bedarf können weitere Spezialisten in diesen Gebieten hinzugezogen werden. - Geländemorphologie: Auch diese ist schwer veränderbar, kann aber mit einem gewissen Energieaufwand gestaltet werden. Sie bedingt den Wasserhaushalt mit und muss daher intensiv mit einbezogen werden.
- Wasserhaushalt: Dieser hängt besonders von Klima und Geomorphologie ab, aber auch von der Vegetation. Forst- und Landwirtschaft haben eine Vielzahl von Beeinflussungsmöglichkeiten geschaffen, die in Kombination mit Methoden wie Keyline Design viele Optionen bieten. So können Trockenheits- und Nässeprobleme zu einem gewissen Grad ausgeglichen, je nach Situation sogar komplett gelöst werden. Gerade in Hanglagen und bei schweren Böden kann die präzise Einmessung und Anlage eines konturangepassten Wasserleitsystems viel bewirken, auf Sandigen Böden kann viel durch die Erzeugung von Terra-Preta-Böden erreicht werden.
- Erschließung: Straßen und Wege machen Bearbeitung und Ernte möglich, leiten Wasser und verbrauchen Fläche. Dazu kommt die Feinerschließung: Wie können Schäden durch Ernte oder Rückung vermieden werden, bei gleichzeitig guter Erreichbarkeit aller Teile des Systems. Welche Technologie kommt zum Einsatz (z.B. welche Arbeitsbreiten und Wendekreise haben Maschinen), wie verändert sich die Erschließung im Lauf der Zeit? Eine Reihe von Fragen ist hier zu klären, weshalb eine fachkundige Planung hier wichtig ist.
- Vegetation: „Zu fällen einen schönen Baum, braucht’s eine halbe Stunde kaum. Zu wachsen, bis man ihn bewundert, braucht er, bedenk es, ein Jahrhundert!“ (Eugen Roth)
Eingriffe in die Vegetation beeinflussen Kohlenstoff- und Nährstoffbilanzen, Wasserhaushalt, Klima usw. Daher muss hier gut bedacht werden, wann und wie welche Maßnahmen durchgeführt werden. Wie schnell ist ein guter Windschutz dahin, wie schnell ein schattenspendender, Lebensraum und Nahrung bietender Obstbaum ersatzlos gefällt? - Bauwerke: Gebäude werden zu einem Zweck gebaut, doch sie werden auch überflüssig. Daher muss hier an die Erhaltung von Optionen für die nächsten Generationen gedacht werden. Jeder Standort muss wieder gesunder Boden werden können.
- Grenzen: Auch hier gilt, sie möglichst reversibel zu gestalten. Wer sich schonmal ein Mähwerkzeug an einem alten Fundament eines verschwundenen Zaunes ruiniert hat, weiß, was ich meine. Mit Hecken und lebendigen oder versetzbaren Zäunen gibt es aber eine Vielzahl anderer Möglichkeiten, die gleichzeitig weitere Funktionen erfüllen können.
- Böden: Auf leichte oder schwere Böden muss entsprechend Rücksicht genommen werden, um irreversible Schäden an ihnen, oder Fehlschläge bei den angebauten Kulturen zu vermeiden. Böden können verändert werden und ihre Qualität ist extrem von der Bewirtschaftung abhängig.
- Ökonomie: Es ist wichtig, zu erkennen, wie die Logik des Geldes alles durchdringt. Dann können wir zwar globale Märkte nicht groß verändern, aber wir können uns ganz einfach lokal und regional so verhalten, dass menschliche und langfristig stabile Strukturen wieder entstehen können. Wichtig ist, die verschiedenen Kapitalformen (z.B. soziales oder kulturelles Kapital) an einem Ort zu betrachten und zu nutzen. So werden viele Dinge möglich, die in der althergebrachten ‚wirtschaftlichen‘ Sichtweise unmöglich scheinen. Man muss also nicht nur Erträge pro Hektar verschiedenster Kulturen abschätzen, Märkte, Absatz- und Verarbeitungsmöglichkeiten kennen, sondern auch kreativ mit den Gegebenheiten umgehen können. Solidarische Wirtschaftsformen, mit denen ich seit 2009 arbeite, bieten hier viele Chancen.
- Energie: Die Arten von Energie, die wir nutzen, sind am leichtesten zu ändern. Hier gilt die Devise ‚Geist über Kraft‘. Wenn intelligente Lösungen gefunden werden, lässt sich viel Energie sparen, womit wieder viel mehr Dinge ermöglicht werden können, die vorher als ‚zu teuer‘ abgetan wurden.