
Ein Keyline-Muster nach der Bepflanzung einer Ackerfläche mit Bäumen. Jede Furche hält hier das Niederschlagswasser, so dass es in der Fläche versickern kann. Vorher gab es selbst bei diesem geringen Gefälle Erosion und Oberflächenabfluss – beides hat mit dem Schlüssellinien-Bearbeitungsmuster aufgehört.
Landwirtschaft geht auch anders: Mit einer an das Gelände angepassen Linienführung zur Verstärkung der Tiefensickerung kann Dürren und Erosion vorgebeugt werden und somit ein großer Beitrag zum Humusaufbau geleistet werden.
Keyline Design ist eine Gestaltungsmethode, die bereits 1954 beschrieben wurde (Yeomans, 1954) und sich seither beständig weiter entwickelt hat. Mit ihr können Landwirtschaften konstant mit Wasser versorgt werden und bei einer Anwendung im größeren Stil können sogar ganze Landschaften abgekühlt und die Regenwahrscheinlichkeit erhöht werden. Daneben beinhaltet sie einen umfangreichen Planungsrahmen, der auf verschiedenen Ebenen (z.B. Energieversorgung, Bodenfruchtbarkeit, Befahrung, Erschließung etc.) nachhaltige Bewirtschaftung forciert. Die Anlage von Schlüssellinien (Keylines) ist darin das sicher vielversprechendste Werkzeug nicht nur zur Abmilderung des Klimawandels, sondern auch zur Bewältigung seiner Folgen. (siehe Klimawandelanpassung)

Abbildung 1. Konzeptionelles Modell der Abflusskomponenten bei Anlage von Schlüssellinien. (A) zeigt den Abfluss im Grünland: Ein Großteil fließt an der Oberfläche direkt in der Falllinie. Wie in (B) zu sehen ist, kann durch die Anlage von Vegetations- und Bearbeitungsstrukturen in Schlüssellinien (Keylines) mit einem leichten Gefälle eine neue, laterale Abflusskomponente erzeugt werden, die das Wasser zu trockeneren Stellen leitet und dort versickert. Aus: Ryan et al. (2015).
Bei der Umsetzung von Keyline Design werden Landschaften anhand der Geomorphologie analysiert, so dass klar wird, wie sich Wasser in ihnen bewegt und verteilt. Auf dieser Grundlage können unter anderem Bearbeitungs- und Pflanzmuster erstellt werden, die sowohl Oberflächen- als auch Bodenwasser entlang der Geländekontur leiten können, so dass es besser aufgenommen, verteilt und gespeichert werden kann.
Abbildung 1 zeigt ein konzeptionelles Modell der Abflusskomponenten in einer Landschaft mit Schlüssellinienkultur, die das zentrale Element des Keyline Designs ist. (A) zeigt den Abfluss im Grünland: Ein Großteil fließt an der Oberflässe direkt in der Falllinie. Wie in (B) zu sehen ist, kann durch die Anlage von Vegetations- und Bearbeitungsstrukturen in Schlüssellinien mit einem leichten Gefälle eine neue, laterale Abflusskomponente erzeugt werden, die das Wasser zu trockeneren Stellen leitet und dort versickert. Wichtig ist hierbei, den standort genau zu verstehen. Es muss auf die Bodenart, den Bodentyp, die Vegetation und die Bearbeitungspraxis Rücksicht genommen werden, um ein angemessenes Gefälle und eine sinnvolle Erschließung zu schaffen.

Abbildung 2. Ablaufschema eines Starkniederschlagsereignisses mit und ohne Schlüssellinienkultur/ Keyline Design, Höhe des Öberflächenwassers nach Niederschlag. Von oben nach unten zeigt jedes Bild weitere 24 Stunden nach dem Niederschlag. Die linke Spalte zeigt das Einzugsgebiet ohne, die rechte das mit Gehölzkulturen. Existieren Vegetationsstreifen, verbleibt das Wasser deutlich länger in der Landschaft. So kann es besser aufgenommen und gespeichert werden und es kommt zu weit weniger drastischen Abflussspitzen in den Gewässern. Aus: Ryan et al. (2015).
Werden nach diesem Schema Gehölzkulturen angelegt und z.B. mit Grünland kombiniert, entsteht in unserem Klima eine naturnahe Nutzlandschaft, die der ursprünglichen halboffenen Wald-Weidelandschaft ökologisch nahe kommt. Sie ist gleichzeitig aber auch gut zu bearbeiten, hält Feuchtigkeit, baut Humus auf und speichert Kohlenstoff, schützt vor Wind und Austrocknung und wäre so das Mittel der Wahl, um dem Klimawandel zu begegnen. Auch mit Ackerbau ist die Schlüssellinienkultur kombinierbar, der besonders von der Verbesserung des Wasserhaushalts profitiert.
Abbildung 2 zeigt deutlich das Potential, Wasser besser zu speichern. Dargestellt ist die Höhe des Oberflächenwassers in einer Zeitreihe nach dem Niederschlag. Von oben nach unten zeigt jedes Bild weitere 24 Stunden nach dem Niederschlag. Die linke Spalte zeigt das Einzugsgebiet ohne, die rechte das mit Gehölzkulturen. Existieren derartige Vegetationsstreifen, so verbleibt das Wasser deutlich länger in der Landschaft. In der Folge kann es besser aufgenommen und gespeichert werden und es kommt zu weit weniger drastischen Abflussspitzen in den Gewässern.
Wie in Abbildung 3 dargestellt, hat eine solche Gestaltung der Landnutzung im großen Stil sehr positive Effekte. So ist damit zu rechnen, dass der latente Wärmefluss zunimmt, es zu verstärkter Turbulenz kommt und somit mehr Wasserdampf an die Atmosphäre abgegeben wird. Als Folge steigt die Regenwahrscheinlichkeit und die Landschaft wird insgesamt abgekühlt.

Nussbaum-Kultur in Keyline Design mit Gefälle in Richtung auf den im Bild rechts unten gelegenen Rücken.
Zur Planung von Schlüssellinien können heute digitale Geländemodelle herangezogen werden, anhand derer ein erfahrener Planer die Wasserflüsse, Befahrung, Bearbeitung und andere wichtige Aspekte der Bewirtschaftung integrieren kann, so dass ein stimmiges Design entsteht. Ich verwende dazu die freie Software QGIS, sowie je nach Situation Differential-GPS-Geräte oder terrestrische Vermessungsverfahren.

Drohnen-Luftaufnahme der Schlüssellinienkultur (engl. Keyline cultivation pattern), das ich 2018 für die Solidarische Landwirtschaft ‚Minga‘ bei Zürich erstellt und eingemessen habe. Foto von Urs Ambühl.
Literatur:
Ryan, Justin A., et al. 2015. Modelling the Potential of Integrated Vegetation Bands (IVB) to Retain Stormwater Runoff on Steep Hillslopes of Southeast Queensland, Australia. Land. 4, 2015, S. 711-736.
Ryan, Justin G., McAlpine, Clive A. und Ludwig, John A. 2010. Integrated vegetation designs for enhancing water retention and recycling in agroecosystems. Landscape Ecology. 25, 2010, S. 1277–1288.
Yeomans, Percival A. 1954. The Keyline Plan. Sidney : Waite & Bull, 1954.